Rundbriefe Sven Trojovsky

Unser Friedi Sven Trojovsky aus Essen ist ebenfalls seit September 2017 in unserer Partnerstadt als Frewilliger aktiv. In seinem ersten Rundbrief beschreibt er detailliert seinen ersten Arbeitstags und alles Schwierige und Interessante, dass ihm in seinen ersten Monaten in Nischni Nowgorod wiederfahren ist und welche sozialen Kontakte er bereits aufgebaut hat. Danach berichtet er über die Veränderungen, die durch die WM in Nischni Nowgorod stattgefunden haben. Vielen Dank für diese interessanten Berichte und viel Freude beim Lesen!

Liebe Leserinnen und Leser, Unterstützer und Freunde,

Da wir in unseren Rundbriefen ein freies Thema wählen dürfen, habe ich mich dazu entschlossen über die Veränderung  Nischni Nowgorods während meines Aufenthaltes zuschreiben. Da diese Jahr die Fußballweltmeisterschaft in Russland ausgetragen wurde und Nischni einer der Austragungsorte war, gab es natürlich viele Veränderungen. Die Veränderungen sind hauptsächlich in der Infrastruktur zu spüren, allerdings gab es während der WM auch einige gesellschaftliche und rechtliche Änderungen.

Im Voraus der WM wurde natürlich schon viel getan. Das erste, das mir auffiel, war, dass  die alten Marschrutkas und Busse gegen neue ausgetauscht wurden. Dies geschah nach und nach und zog eine Erhöhung der Fahrpreise von 20 auf 28 Rubel mit sich, was vielen Leuten missfällt. Das Projekt heißt übersetzt „Neue Marschrutkas, Neue Busse, neues Nischni“ und das lokale Autowerk Gaz baut die nötigen Marschrutkas, was die lokale Wirtschaft fördert. Allerdings muss man sagen, dass hauptsächlich Marschrutkas von innenstadt-und stadionnahen Routen ersetzt wurden und Marschrutkas, die in den äußeren Bezirken fahren, nicht ersetzt wurden, obwohl es auch dort einen Preisanstieg gab.

Ein weiteres Projekt war natürlich der Bau des neuen Stadions. Das Stadion befindet sich an der Strelka, der Mündung der Oka in die Wolga. In meinen Augen ist der Bau des Stadions etwas fragwürdig, da es in Nischni keinen guten Fußballverein gibt, welcher das Stadion nutzten könnte. Das wirft folglich die Frage auf, was mit dem Stadion in Zukunft passieren wird und wofür es genutzt wird. Im Zuge des Baus des Stadions, wurde auch in den anliegenden Bereich Investiert. Dabei gibt es einige sinnvolle und einige weniger sinnvolle Projekte, z.B. wurde in der Nähe des Stadions eine neue U- Bahnhaltestelle gebaut, welche das magere Metronetz Nischnis bereichert. Des Weiteren wurde eine schöne neue Promenade hinter dem Stadion gebaut, der Bereich um die Aleksander Nevski Kathedrale verschönert und erneuert und das Ufer eines  anliegenden Sees ebenfalls erneuert und durch Sitzgelegenheiten und moderne Spielplätze verbessert.  Allerdings gab es in diesem Zuge auch Projekte, die mehr Schein als Sein waren, da einige alte Platten gegenüber vom Stadion einfach neu gestrichen wurden, was sie in einem neuen Glanz erscheinen lässt, was aber an dem eigentlich renovierungsbedürftigen Zustand des Gebäudes nichts ändert. Dies konnte man auch bei andern heruntergekommenden Gebäuden in der Nähe beobachten. Insgesamt kann man aber trotzdem sagen, dass die Infrastruktur in Stadionnähe besser geworden ist und von der WM profitiert hat.

Allerdings hat sich auch im oberen Teil der Stadt in Kreml nähe einiges getan. Es wurde eine neue, sehr große und schöne Ufer Promenade mit vielen Grünflächen an Oka und Wolga gebaut, welche den Leuten gut zu gefallen scheint. Außerdem wurde der untere Teil der Boloschaja Pokrovskaya erneuert, welche eine Art Prachtstraße zwischen dem Grorky Platz und dem Kreml bildet. Allerdings wurden die Natursteine, mit denen die Straße gepflastert wurde, im Herbst bzw. Anfang Winter gelegt und folglich liegen diese nun, da der Boden schon gefroren war, schief und die Straße ist unebener als zuvor.

Nun zu den Änderungen während der WM. Zu Beginn gab es direkt rechtlich ein paar Änderungen und zwar mussten sich Ausländer  und Touristen in jedem Austragungsort  innerhalb von drei Tagen bei der Polizei anmelden. Dies musste vor der WM innerhalb von sieben Werktagen geschehen. Allerdings hatten alle WM Besucher eine FanID, welche Visum, Anmeldung und den kostenlosen Nahverkehr an Spieltagen enthielt. Eine weitere Sache, die mir auffiel, war die recht große Polizei Präsenz. Man konnte beobachten, wie quasi an jedem öffentlichen Ort eine oder mehrere Gruppen von je drei Polizisten unterwegs war. Was mir besonders stark auffiel war, dass die Ausländern sonst eher verschlossenen Russen sich recht offen verhalten haben und versucht haben mit ein paar Brocken Englisch zu helfen. Ähnliches war auch in Restaurants zu beobachten, da plötzlich alle auch ein englisches Menü hatten.

Alles in allem hat sich in diesem Jahr die Stadt sehr verändert, allerdings gab es die größten Änderungen nur in der Innenstadt nahen Bereichen und in den ärmeren Stadtteilen kam nicht viel an. Außerdem ist die Stadt Internationaler geworden, was sich z.B. am Sortiment in den Supermärkten oder der Art an Cafes die eröffnet haben widerspiegelt. Natürlich sind nicht alle Änderungen auf die WM zurück  zuführen aber ich denke schon das sie doch eine entscheidene Rolle gespielt hat. Ich fand es sehr spanned zu erleben wie es ist in einem Austragungsort zuleben und beobachten zu können wie sich die Stadt verändert, da dies eine wahrscheinlich einmalige Situation ist.

 

Erster Rundbrief

Liebe Leser, Unterstützer und Freunde,

Nun sind die ersten Monate meines freiwilligen Friedensdienstes in Essens wunderschöner Partnerstadt vorüber und die Zeit ist durch die hauptsächlich positiven Erfahrungen wie im Flug vergangen. Ein Friedensdienst ist im weiteren Sinne ein FSJ, allerdings kommen durch die Absolvierung im Ausland noch Aspekte der Völkerverständigung und natürlich auch ein kleiner Beitrag zum Frieden hinzu. Aber vielleicht erstmal etwas zu meiner neuen Heimat Nischni Nowgorod. Die Stadt ist mit rund 1,25 Millionen Einwohnern die fünftgrößte Stadt Russlands, liegt an der Mündung der Oka in die doch sehr viel bekanntere Wolga und ist wie gesagt die Partnerstadt Essens.

In diesem Rundbrief soll mein Fokus hauptsächlich auf meiner neuen Arbeit und dem Alltag sowie den mit diesem  einhergehenden Problemen liegen. Am sinnvollsten ist es wenn ich mit dem Anfang des Jahres beginne, also der Anreise welche uns schon vor einige Probleme stellte, da meine ebenfalls aus Essen stammende Mitstreiterin Julia und ich unseren Anschlussflug in Moskau verpasst haben, aber letztendlich doch gut in Nischni angekommen sind. Noch Aufgeregt von der Reise waren wir froh am Abend endlich unsere neue Wohnung zu betreten, wo wir auf unsere Mitfreiwillige Emilia trafen, welche uns schon erwartete. Die Wohnung ist eine klassische russische 3-Zimmerwohung welche im 7. Stock eines Plattenbaus liegt. Unsere Platte ist zum Glück recht zentrumsnah, was das Alltagsleben etwas erleichtert. In den ersten Tagen war das Leben recht gewöhnungsbedürftig aber ich habe mich eigentlich doch recht schnell wohl gefühlt was den anderen beiden zu Anfang etwas schwerer viel. Da wir in den ersten paar Tagen noch nicht arbeiten mussten, hatten wir genug Zeit uns einzurichten und etwas die Umgebung zu erkunden. Da Julia schon fließend russisch sprach erleichterte sie uns das Allgemeinleben in dieser Zeit sehr und tut dies auch immer noch.

Dann kam unser erster Arbeitstag. Unsere Arbeit besteht aus zwei Teilen, einerseits der Arbeit in der Schule, wo wir behinderten Kindern beim Unterricht und anderen Aufgaben helfen, und andererseits der Arbeit mit Invaliden, welche wir Zuhause besuchen und mit denen wir z.B. Spazieren gehen, Einkaufen gehen, beim Waschen helfen oder ähnliches. Der erste Arbeitstag war für mich wie ein Sprung ins kalte Wasser. In der Schule verstand ich die Lehrer zu Beginn nicht und diese natürlich mich auch nicht, daher war mir nicht wirklich klar, welche Aufgaben ich übernehmen sollte; folglich schleppte sich der erste Schultag etwas dahin. Nach dem Mittagessen in der Schule fuhren Julia und ich, da wir in der gleichen Schule arbeiten, zu den Invaliden Roman und Ella. Ella ist Romans Tante und beide leben zusammen mit Natasha welche Ellas Mutter ist und somit auch Romans Großmutter. Die beiden sind schwer behindert und auf einen Rollstuhl
angewiesen, wobei Ella noch einige Schritte allein bewältigen kann. Roman hingegen kann sich fast gar nicht selber bewegen und braucht daher auch Hilfe beim Waschen. Da unsere Vorgänger einige Wochen vor unserer Ankunft die Stadt verließen und ihren Dienst abgeschlossen hatten, war es dringend nötig Roman zu waschen. Da Natasha (die Oma) selber in einem gesundheitlich nicht sehr gutem Zustand ist, ist es meine Aufgabe Roman zum Waschen in die Badewanne zu tragen und dort dann seinen Kopf zu halten, was mich am ersten Tag etwas Überwindung kostete, da ich so eine Aufgabe natürlich noch nie zuvor gemacht habe und ich auch nicht zu Beginn einen Fehler machen wollte wie z.B. Roman durch falsches Tragen zu verletzen. Nach einigen Tagen hatten wir uns eingearbeitet und nach ein paar Besuchen bei den Invaliden wussten wir auch was zu tun war.Der andere Invalide um den wir uns kümmern ist Mischa, mit dem wir meistens spazieren gehen oder Domino spielen.

Nach zwei Wochen wechselte ich durch Zufall die Klasse in der Schule da dort eine Lehrerin krank war und es sich auch ergab da ich dort besser helfen konnte. Die Klasse, in der ich seit dem an arbeite, besteht aus 5 Kindern von
denen allerdings nur ein Junge sprechen kann. Ich kümmere mich dort hauptsächlich um Aljoscha, welcher die stärkste Betreuung benötigt oder helfe den Lehrerinnen bei der Unterrichtsvorbereitung. Entgegen meiner Erwartungen habe ich eine starke Verbindung zu den Kindern aufgebaut und sie freuen sich jeden Tag mich zu sehen.

Ende Oktober kam dann eine Delegation aus Essen zu Besuch, welche aus den zwei Vorsitzenden der Gesellschaft für deutsch-russische Begegnung Essen e.v Barbara Lachhein und Irina Pfeiffer, dem ehemaligen Essener Bürgermeister Rolf Fliss und meinen Eltern bestand. In dieser Zeit waren wir von der Arbeit befreit, da wir zu den offiziellen Treffen von Herrn Fliss mussten bzw. mit eingeladen waren. Dies bot uns natürlich die Möglichkeit einige recht wichtige Leute der Stadt kennen zu lernen wie z.B. die Bürgermeisterin oder den Leiter der Linguistischen Universität. Neben diesen Treffen hatte Irina auch noch ein sehr schönes Programm durch die Stadt und Umgebung vorbereitet, welches uns noch ein paar andere Seiten der Stadt und der Leute zeigte.

In dieser Zeit begann auch das einigermaßen kalte Wetter und Schnee setzte ein. Mit der Zeit ergaben sich auch meine Freizeitaktivitäten, welche sich allerdings kaum von denen in Deutschland unterscheiden da ich hier hauptsächlich Sport treibe. Unser Freundeskreis, den wir uns anfangs doch sehr mühsam aufgebaut haben, besteht hauptsächlich aus Studenten der Linguistischen Universität oder Austauschstudenten. Eine der Studentinnen der Linguistischen Universität lernte meine Eltern während deren Besuch kennen und es ergab sich, dass sie während ihres Praktikums in Deutschland bei meinen Eltern wohnen kann, da sie noch eine Gastfamilie benötigte. Da der Alltag sich wie überall einigermaßen wiederholt gibt es eigentlich nicht mehr viel Wichtiges zu berichten und somit findet mein erster Rundbrief auch ein Ende.