Erste Reise der neuen Friedis 2018/19 nach NN

Unsere ehemalige „Frieda“ Frida hat im Mai diesen Jahr die vier neuen Freiwilligen Maria, Stella, Alexandra und Maria auf ihrer obligatorischen Reise nach Nischni Nowgorod begleitet. In diesem Bericht stellt Sie nicht nur die Freiwilligen und die Arbeitsstätten vor, sondern berichtet eindrucksvoll, wie sich die Stadt bereits ein Jahr nach ihrem eigenen FSJ verändert hat. Auch für Bewerber für das kommende FSJ ein interessanter Eindruck, wie die Vorbereitung persönlich und engagiert die Vorbereitung auf das Jahr in Nischni Nowgorod läuft. Vielen Dank liebe Frida für deine Begleitung und den schönen Bericht!

Wie in jedem Jahr haben auch dieses Jahr unsere neuen Friedis Nischni Nowgorod besucht. Diese Reise dient zum einen dazu, die Stadt und die künftigen Arbeitsstellen kennenzulernen, zum anderen aber auch dazu, schon einmal für eine Woche in das Land und Leben einzutauchen, in welchem man bald für zwölf Monate leben wird.

Ich, Frida Kaußen, war vor zwei Jahren selbst als Freiwillige in Nischni und habe unsere Neuen bei ihrer Reise begleitet. Ab September werden Maria, Stella, Alexandra und Maria ein Jahr lang einen Freiwilligen Friedensdienst, kurz FFD, in Nischni Nowgorod leisten. Sie werden in Schulen mit geistig behinderten Kindern, in einem Krankenhaus und mit Invaliden arbeiten und die Arbeit von nun mehr als 20 Generationen Friedis vor ihnen fortsetzen.

Unsere Reise begann an einem Dienstag im Mai am Düsseldorfer Flughafen, von wo aus ich mit drei der vier Mädchen zuerst einmal nach Moskau fliegen würden. Da unsere Friedis dieses Jahr aus ganz Deutschland kommen, war es für Alexandra einfacher, direkt von Hamburg nach Moskau zu fliegen und so waren wir erst in Moskau vollständig. Da aber alle Flüge pünktlich waren und die Passkontrolle ausnahmsweise mal relativ schnell vorbeiging, hatten wir genug Zeit um uns erst mal etwas kennenzulernen. Ich hatte im Voraus schon die Zugtickets für die Fahrt von Moskau nach Nischni besorgt, was sich als gute Idee erweist, da ich noch in Erinnerung hatte, wie schwer es war, Zugtickets am Schalter zu kaufen, wenn man das vorher noch nie gemacht hatte.

Wir hatten also noch gut drei Stunden Zeit, um vom Flughafen zum Bahnhof zu kommen. Diese Zeit braucht man in Moskau allerdings auch. So erreichten wir nach langer Fahrt mit dem Aeroexpress und der Metro schließlich unseren Bahnhof und überbrückten die letzte Stunde in einer Stolowaja, einer typisch russischen Kantine. Eigentlich hatte ich gehofft, den Mädchen schon mal einen typisch russischen Zug mit Schlafabteil zeigen zu können, dies war leider jedoch nicht der Fall und so fuhren wir in einem Zug, der einem deutschen RE ähnelt. Nach mehr als einem halben Tag Reise kamen wir abends um halb elf endlich in Nischni an, wo uns schon die aktuellen Friedis erwarteten. Wir brachten die Mädchen zu ihrer Unterkunft und fuhren dann zur Wohnung der Friedis, in welcher ich selber ein Jahr gewohnt hatte und die für diese Woche erneut mein Zuhause sein würde.

Am nächsten Tag besuchten wir als erstes das Semaschko Krankenhaus, meine alte Arbeitsstelle. Es war sehr schön für mich, für eine kurze Zeit wieder in mein altes Arbeitsumfeld einzutauchen und mit den Ärzten, Krankenschwestern und Sanitarkas zu reden, die mir über das Jahr ans Herz gewachsen sind, auch wenn es etwas komisch war, dass alles irgendwie ohne mich weitergegangen war.

Wie bereits vor zwei Jahren, als ich das erste Mal in Nischni war, wurden auch Maria, die im Krankenhaus arbeiten wird, verschiedene Stationen gezeigt und sie konnte sich eine aussuchen. Sie entschied sich für die Reanimazija, die Station, auf die Patienten nach einer Operation zum Aufwachen geschickt werden. Ich selbst hatte dort ein paar mal mitgeholfen und es hat mich sehr gefreut, dass ich noch erkannt wurde.

Als nächstes fuhren wir zur Stadtverwaltung und ich konnte die Stadt das erste Mal so richtig bei Tag sehen. Ich war geschockt, wie sehr sich alles verändert hatte. In wenigen Wochen würde hier die Fußball-WM beginnen und Nischni hat mächtig aufgefahren, um sich der Welt so gut wie möglich zu präsentieren. Als ich im August 2017 wieder nach Deutschland geflogen war, war Nischnis Stadtbild geprägt von kaputten Straßen, vielen Baustellen und alten Marschrutkas, den Kleinbussen, die einen überall hin bringen. Genau das hatte aber für mich den Charme dieser Stadt ausgemacht. Nun, acht Monate später, hat sich das alles (zumindest im Zentrum) komplett geändert. Die Straßen waren neu asphaltiert, die Schlaglöcher repariert, die Busse größtenteils modern und der Bahnhof endlich fertig renoviert.

Trotz dieser Modernisierungen zeigte sich schnell, dass die WM die Stadt und vor allem ihre Bewohner auch einschränkte. So wurde zum Beispiel der Minin-Platz, der Hauptplatz, über welchen viele der Buslinien fahren, gesperrt um eine Fanzone für die WM zu errichten. Dies sorgte dafür, das zahllose Busse umgeleitet werden mussten und man auch nicht mehr ohne große Umwege zu Fuß zur Tschkalowskaja-Treppe, einem der schönsten Aussichtspunkte über die Wolga, kommt.

Nachdem wir uns bei der Stadtverwaltung angemeldet hatten, fuhren wir zusammen zu den ersten Invaliden. Dabei war auch Olga, welche ich immer besucht hatte. Dieses Wiedersehen hat mich sehr gefreut, da ich Olga über das Jahr hin sehr liebgewonnen hatte. Zusammen mit ihr und zwei weiteren Invaliden, Mischa und Irina, gingen wir eine Runde spazieren. Dabei zeigten ich und die jetzigen Freiwilligen den Mädchen, wie genau man mit einem Rollstuhl umgeht, das Ganze ist nämlich nicht immer so einfach, wie es aussieht. Als wir an einem kleinen See vorbeikamen, an dem ich auch schon oft mit Olga gewesen war, staunte ich nicht schlecht. Am Ufer, welches vorher noch nicht besonders schön anzusehen gewesen war, erstreckte sich nun eine neue Promenade, die extra für die WM gebaut worden war. Da dieser See in unmittelbarer Nähe zum ebenfalls neu gebauten Stadion lag, war dies allerdings auch nicht weiter verwunderlich.

Am Donnerstag standen die anderen beiden Arbeitsstellen auf dem Programm, in welchen Stella, Maria und Alexandra arbeiten würden. Am Morgen besuchten wir zuerst die Schule 39, in welcher momentan Emilia arbeitete. In dieser Schule werden geistig behinderte Kinder unterrichtet und betreut. Genauere Informationen kann man den zahlreichen Rundbriefen von ehemaligen Friedis entnehmen.

Wir wurden herumgeführt und man erklärte uns, wie ein Schulalltag hier ablaufe. Da es allerdings die letzte Woche vor den Sommerferien war, fand kaum noch regulärer Unterricht statt, vielmehr wurde ein Theaterstück vorbereitet.

Im Anschluss fuhren wir in die Schule 86, in welcher ebenfalls behinderte Kinder unterrichtet werden. Hier arbeiteten momentan Sven und Julia.

Auf der einstündigen Fahrt dahin bemerkte ich, dass Nischni sich eigentlich nur im Zentrum ein neues Gesicht zugelegt hatte. Sobald man mehr als zehn Minuten aus der Innenstadt rausgefahren war, bot sich das alte Bild mit maroden Straßen und Schlaglöchern, an das ich so gewohnt war. Auch hier wurde uns alles gezeigt und wir wurden zu Tee und Kuchen eingeladen und die Lehrerinnen zeigten voller Stolz eine Fotocollage von der Arbeit von Sven und Julia. Wir wurden auch noch eingeladen, uns ein Theaterstück der Kinder anzuschauen; dafür hatten wir jedoch leider keine Zeit, da wir bereits bei Roman und Ela erwartet wurden, den nächsten Invaliden. Auch die beiden sitzen im Rollstuhl, jedoch sind sie zusätzlich auf Hilfe beim Einkaufen oder Waschen von Roman angewiesen. Zuerst beschwerte sich die Oma etwas, dass bei den Neuen kein Junge dabei war, da sie der Meinung ist, dass ein Mädchen nicht schwer schleppen kann, aber man konnte ihr trotzdem anmerken, wie dankbar sie war, dass es wieder neue Friedis geben würde.

Nachdem wir also in den ersten zwei Tagen alle Arbeitsstellen und Invaliden besucht hatten, konnten wir die verbleibenden Tage nutzen, um den neuen Friedis die Stadt und das Leben dort zu zeigen. Fehlen durften dabei natürlich nicht die Fahrt mit der Seilbahn über die Wolga, der wunderbare Ausblick über die Strelka, wo Oka und Wolga zusammenfließen oder der Kreml, das Herzstück der Stadt. Auch kulinarisch hat Nischni einiges zu bieten, und so feierten wir den Abschied am letzten Abend alle zusammen in einem leckeren ukrainischen Restaurant.

Und so ging es nach sechs Tagen auch schon wieder zurück nach Deutschland. Auf der Rückreise hatten wir allerdings noch genug Zeit, um uns noch den Roten Platz in Moskau anzuschauen.

Wie bereits zwei Jahre zuvor hat mich diese kurze Reise nach Nischni erneut unglaublich fasziniert, da ich nun einen ganz neuen Blick auf die Stadt werfen konnte, die ein ganzes Jahr lang mein Zuhause gewesen war.