Annette Jäger zum Gedenken (07.7.1937– 16.7.2023)

Im Nachkriegsdeutschland bildeten Städtepartnerschaften einen Anfang für neue Wege der Verständigung. So verdankt Essen dem Optimismus eines britischen Offiziers 1949 die erste Partnerschaft zur englischen Stadt Sunderland. 42 Jahre später kam es auf Initiative unserer Gesellschaft zur Unterzeichnung des Städtepartnerschaftsvertrages zwischen Essen und Nischni Nowgorod als kommunalpolitisches Bekenntnis zur friedlichen und freundschaftlichen Annäherung. Annette Jäger, selbst noch neu in ihrer Rolle als Oberbürgermeisterin, war die Frau der Stunde!

Beherzt reiste sie 1991 nach Nischni Nowgorod, begeisterte sich sofort für Land und Leute, eroberte zu Fuß die Bolschaja Pokrowka, jederzeit offen für Gespräche im Kreml und auf der Straße.

Der Zufall wollte es: Auch eine Klasse der Essener Waldorfschule zog es in die künftige Partnerstadt – zur selben Zeit, am selben Ort. Und wieder zeigte sich die Oberbürgermeisterin von ihrer für das Ruhrgebiet so typischen menschlichen, verbindenden Seite: Kurzerhand lud sie die Schüler am 10. September 1991 in die traditionsreiche Messe von Nischni Nowgorod zur feierlichen Unterzeichnung des Städtepartnerschaftsvertrages mit ihrem Amtskollegen Omar Scharadse ein.

Wenn die ehemaligen Schüler darüber erzählen, leuchten heute noch die Augen…

Unseren „Dolmetschern und Übersetzern“ von der Linguistischen Dobroljubov-Universität ergeht es ebenso. Dank ihrer außergewöhnlich sorgfältigen Ausbildung waren sie von Beginn an qualifiziert, nicht nur den Vertrag über die Städtepartnerschaft zu übersetzen, sondern auch die zahlreichen Begegnungen der Stadtoberhäupter zu dolmetschen…

Für unsere Gesellschaft, von 1990 bis 2015 unter der Leitung von Angelika Küpper, war es der Beginn einer zahlreich früchtetragenden Ära.
Für die Essener Oberbürgermeisterin folgte der naheliegende Schritt, der Gesellschaft für Deutsch-Russische Begegnung beizutreten.

Bei den Nischegorodern zählt Essen zu den beliebtesten unter den mehr als zwanzig Partnerstädten.

Als wir 2022 den Glückwunsch zum 85. Geburtstag Annette Jägers per Post aufgeben wollten, fragte der junge Mitarbeiter, ob der Brief wohl an die Annette Jäger gehen würde, wählte sodann eine besonders schöne Briefmarke aus und setzte mit Sorgfalt den Essener Stempel. Dabei leuchteten auch seine Augen… So weiß wohl jeder aus unseren Reihen seine ganz persönliche Geschichte im Gedenken an die Altoberbürgermeisterin zu erzählen.

Frau Jäger blieb unserer Gesellschaft immer treu, interessierte sich besonders für die Jugendprojekte, unterstützte uns mit Spenden und war jederzeit ein stärkender Gesprächspartner.

Wir halten ihr Andenken mit Dankbarkeit lebendig und in Ehren.

Den Angehörigen gilt in diesen Tagen unser tief empfundenes Beileid.

Der Vorstand, im Juli 2023

Fotos: Archiv der Gesellschaft für Deutsch-Russische Begegnung Essen e.V.

 

Die Studiobühne Essen schließt sich unserer Würdigung des Lebenswerkes von Annette Jäger im deutsch-russischen Kontext an.