Zwei Völker, die einander brauchen: Reisebericht von Vladislav Belin

Zwei Völker, die einander brauchen: Reisebericht von Vladislav Belin

Studienreise von Studenten der Linguistischen Dobroljubow-Universität Nischni Nowgorods nach Essen 16.10 -25.10

Flug

Die Vorbereitung auf diese Reise hat schon vor langer Zeit begonnen! Alles musste sorgfältig geplant werden, wann und wohin man fährt und was man macht. Als Ergebnis hat die Gesellschaft für deutsch-russische Begegnungen so ein Programm gestaltet, das es noch nie gegeben hat!

Am 16. Oktober haben wir Nischni verlassen und sind über Moskau nach Düsseldorf geflogen. Schon um 10 Uhr Morgens (ja, der Flug dauert nur 3 Stunden und nicht die Ewigkeit) waren wir hier und sind zu unseren Gastgebern gefahren. Eindrücke von dem ersten Tag? Kaum welche, fast den ganzen Tag hat unsere Studiengruppe verschlafen.

Karl den Großen in (Bad) Aachen kennenlernen

Schon am 17. Oktober sind wir nach Aachen gefahren. Eine sehr alte Stadt, die Stadt von Karl dem Großen. Er ist einfach überall! Dom, Rathaus, sogar der Karlspreis, der in dem Rathaus verliehen wird. In der Stadt kann man wirklich die Atmosphäre des Mittelalters spüren. Ich erwartete, dass der Aachener Dom in Gotik gebaut ist, der ist aber so eine Mischung, die unvergesslich ist.

Nicht nur Karl der Große gehört zu Aachen, sondern auch Printen! Lebkuchen und gleichzeitig nicht. Die sind sehr lecker aber Vorsicht! Manchmal sind sie sehr hart.

Und vielleicht wissen nicht viele von Euch, dass es in Aachen eine Mineralwasserquelle gibt. Aachen sollte eigentlich Bad Aachen heißen. Die Aachener sind aber dagegen. Warum? Würde die Stadt Bad Aachen heißen, wäre sie nicht mehr das erste Wort in deutschen und englischen Wörterbüchern.

Die Partnerstadt nicht vergessen!

Am 18. Oktober hatten wir eine Führung durch das Folkwang-Museum, wir hatten die Möglichkeit der Avantgarde näher zu werden. Vor der Führung hatten wir noch ein bisschen Zeit und haben unsere Aufführung vor dem Museumseingang geprobt. Die Besucher des Museums haben uns wahrscheinlich für einen Teil der Ausstellung gehalten. Dann aber sind wir durch das Museum gegangen. Die Ausstellung hat „Schatten der Avantgarde“ geheißen, dort waren also die Bilder von noch nicht den breiten Massen bekannten Künstlern vorgestellt. Bemerkenswert ist, dass die meisten Geisteskranke waren. Aber so viele Geisteskranke haben doch dieser Welt so viel Schönes geschenkt. Das Gebäude ist selbst ein Kunststück in sich. Meistens gibt es in Museen keine Fenster. Hier sind sie riesengroß und vernetzen die Besucher der Ausstellung mit der Natur. Leider war die Zeit nicht genug um auch alle alten Meister zu beobachten, aber ich habe noch Zeit und komme bestimmt dahin noch ein Mal.

Nach dem Besuch des Museums hatten wir einen netten Empfang bei Frau Lachhein. Nach den Kuchen und Kaffee haben wir uns aber an die Arbeit gemacht und lernten das deutsche Gesundheitswesen noch präziser kennen, wobei uns ihr Mann, Herr Dr. Lachhein geholfen hat.

Der 19. Oktober war der Stadt Essen gewidmet. Wir haben die Geschichte der Stadt durch die Geschichte der Familie Krupp gesehen. Ja, nicht alles in dieser Stadt ist Krupp, sagen einige, aber doch ganz Vieles! Das war quasi sein Reich. Und nach der Stadtrundfahrt hatten wir einen angenehmen Empfang im Rathaus mit dem Bürgermeister Herrn Jelinek. Aber leider hatten wir keine so tolle Aussicht: es war nebelig. Und dann waren wir bei der Journalistenschule Ruhr und haben erfahren, wie deutsche Zeitungen funktionieren und welche Unterschiede es zu den russischen gibt! In Russland gibt es zum Beispiel nicht so viele regionale Zeitungen. Für Deutschland ist das aber sehr typisch.

Der 20. Oktober wurde der Universität Duisburg-Essen gewidmet. Ich muss sagen, dass diese Uni eine viel bessere Ausstattung hat als meine. So viele bequeme Dinge! Gruppenarbeitsplätze, Fachexperten in den Bibliotheken, Literaturverwaltungssysteme, das finde ich schön! Hätten wir das alles bei uns gehabt.

Und dann am Abend, der Kern des ganzen Programms: Empfang bei der deutsch-russischen Gesellschaft! Das ist in einer Kirche stattgefunden. Endlich haben wir unsere Aufführung unter dem Motto „Zwei Völker, die einander brauchen“ gezeigt. Es wurde gespielt, gesungen, man hat Gedichte vorgetragen und dann hat es einen reichlichen Tisch gegeben. Es lebe Gesellschaft für deutsch-russische Begegnungen!

Am Mittwoch, am 21. Oktober waren wir am Rheinisch-Westfälischen Berufskolleg. Dort studieren schwerhörige Jugendliche. Endlich haben wir uns mit den Schülern getroffen, die im diesen Sommer eine Woche bei uns in Nischni Nowgorod verbracht haben.

Das ganze System mit den Berufskollegen finde ich sehr praktisch. Wäre ich hingegangen, wäre ich kein Dolmetscher, sondern Zahntechniker gewesen. Wahrscheinlich. Bei uns in Russland sind solche Schulen nicht besonders renommiert. Deshalb mangelt es an Leuten mit der Fachausbildung. Hier aber hat man die Möglichkeit Berufe kennenzulernen und sogar den Studiengang zu wechseln, wenn etwas nicht klappt.

Düsseldorf – hier wird Politik gemacht!

Für den 22. Oktober war der Besuch des Landtages von Nordrhein-Westfalen eingeplant. Das Gebäude ist nicht besonders beeindruckend vom Außen, aber von innen ganz grandios. Alles ist so eingerichtet, damit die Abgeordneten einander sehen können. Das konnten sie früher nicht. Alle Besprechungsräume sind rund, wie das ganze Gebäude. In so einem Saal hatten wir ein Treffen mit der Abgeordneten der SPD, mit Britta Altenkamp. Politik in Deutschland ist näher an Bürgern als in Russland, und das finden wir prima. Hätten wir so auch mit unseren Abgeordneten unterhalten können!

Der nächste Punkt des Programms – Heinrich Heine Museum. Die Führung war so interessant, dass, obwohl wir fast nichts über Heinrich Heine gewusst haben (außer vielleicht Lorelei), haben wir uns in seine Welt verliebt.

Und am Abend konnten wir bei der Probe eines Stückes von Mozart in der Villa-Hügel anwesend sein. Es war sehr interessant, der Arbeit des Dirigenten zuzusehen. Denkt aber nicht, dass es lauter korrigiert wurde. Zuerst wurde das ganze Stück gespielt und dann hat man Akzente gesetzt.

Wo alles nach Eau de Cologne duftet

Am 23. Oktober sind wir ein bisschen weiter weg gefahren als bis Düsseldorf, bis zu Köln! Wir sind bei der Station Messe Deutz ausgestiegen. So haben wir einen schönen Aussicht auf den Rhein und den Kölner Dom genießen können. Der Dom war immer näher und näher und plötzlich war dieses Wunder aus Stein schon vor unseren Augen. Ein unermäßlich großer Dom! Der ist mit Augen einfach nicht zu fassen!

Aber statt Dom zu besichtigen sind wir zuerst zum WDR gegangen und haben die Arbeit des deutschen Fernsehens von innen betrachtet. Es war interessant, so mal im Licht der Scheinwerfer zu stehen und sich als ein Moderator zu fühlen. Wir haben schließlich das Geheimnis des Satzes „Kamera macht größer“ entdeckt. Die Scheinwerfer machen es im Raum heiß, die Moderatoren kämpfen mit 30 Grad Hitze. Und dabei haben sie keine Badeanzüge an. Man will doch keine roten, verschwitzten Gesichter im Fernsehen haben. Deshalb haben die Moderatoren ein dickes Schminkenschicht an, das ist fast wie eine Maske. Und gerade das macht alles größer.

Und was denkt Ihr, was kostet eine TV-Kamera? Kann sagen, sie ist wesentlich teurer als ein Auto!

Nach dem WDR und nach dem traditionellen deutschen reichlichen Mittagessen kam der Dom. Der ist unglaublich! Hätte es nur nicht so viele Touristen gegeben, aber wir waren doch auch Touristen. Man hat gefragt ob man sich im Dom heiraten kann. Die Führerin hat zwar ja gesagt, aber das kann man nur in einer Kapelle machen. Sich vor dem Hauptaltar zu heiraten wird für immer ein Traum bleiben.

Leider musste man aber schon zurück

Am 24. Oktober hatten das Abschiedsfrühstück. Ja, meistens verabschiedet man sich am Abend, aber so konnte man es intimer gestalten. Das Essen war lecker und das Café war schön ausgestattet. Man hat sich verabschiedet und wir hatten es frei und konnten durch die Stadt laufen. Aber am nächsten Tag waren meine Kommilitonen los und ich bin hier für das Praktikum geblieben. Das war eine schöne Woche. Ich will mich sehr bei der Deutsch-Russischen Gesellschaft für diese Möglichkeit bedanken. Hoffentlich war das nicht das letzte Mal!