Gemeinsame Kranzniederlegung

Anlässlich des Volkstrauertages am 13. November waren Mitglieder der Gesellschaft für Deutsch-Russische Begegnung, der Stadt Essen und der Delegation aus Nischni Nowgorod unter Leitung von Citymanager Sergej Belov auf dem Essener Terassenfriedhof zur Kranzniederlegung zusammengekommen. Oberbürgermeister sprach ein bewegendes Gebet für den Frieden, das Sie hier nachlesen können. Dieter Schermeier hat dankenswerter Weise seine Gedanken zur Kranzniederlegung aufgeschrieben, die uns die Bedeutung der miteinander verbundenen Geschichte und partnerschaftlichen Zukunft unserer Länder und Städte aufzeigt:

 

Als Gründungsmitglied der Gesellschaft für Deutsch-Russische Begegnung Essen und als  jemand, der den Krieg noch erlebt hat, bin ich dankbar, hier sprechen zu dürfen. Dankbar bin ich auch, dass heute die offiziellen Vertreter der Partnerstädte Essen und Nischni Nowgorod an diesen Gräbern haltmachen.

Es sind keine Kriegsgräber. Denn Gefangene, die als Elendgestalten auf Fußlappen durch die Stadt zur Arbeit getrieben werden, sind keine Krieger. Zwangsarbeiterinnen sind keine Krieger. Die Kinder, die sie hier geboren haben und die nicht einmal ein Jahr alt wurden, sind keine Krieger. Sie sind Opfer. Menschenverachtung, Gewalt, Kälte, Hunger, Schutzlosigkeit bei Bombenangriffen setzte ihrem Leben ein Ende.

bild-schermeier-1Die Gräber, an denen wir hier sehen, sind aufs engste mit der Entstehung und der Geschichte der Gesellschaft für Deutsch-Russische Begegnung verknüpft.

Der erste Besucher aus Nischni Nowgorod an den Essener Gräbern von Menschen aus der Sowjetunion war der verstorbene Metropolit Nikolai.  Sein Chor sang eine Liturgie für die Toten, Metropolit Nikolai sagte bewegt: „Diese Gräber sind die die eigentliche Keimzelle für unsere Partnerschaft“.

Nach ihm besuchten immer wieder Gäste aus Nishnij Nowgorod diese Gräber: Sänger-Ensembles, Vertreter der Religionen; zuletzt bei unseren Feiern 70 Jahre nach dem Ende des Krieges legten Mitglieder des Kammerorchesters Nischegoroder Solisten Blumen nieder, während eine einsame Violine zwischen den Grabsteinen  erklang.

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Ich durfte die Gesellschaft für Deutsch-Russische Begegnung in Essen mit gründen. Vorausgegangen war ein Brief aus dem Jahre 1987 mit 3000 Unterschriften, in dem es hieß:

„Essen war eine der großen Waffenschmieden, sie war Endstation Tausender von Kriegsgefangenen und Zwangsarbeitern. Deswegen hätte unsere Stadt besonderen Anlass, ein Zeichen der Versöhnung zu setzen. Wir glauben, dass eine Partnerschaft einer sowjetischen Stadt ausgerechnet mit Essen ein besonders wichtiges Zeichen der Friedensbereitschaft wäre und ein großes politisches Gewicht hätte.“

Damals war die Zeit noch nicht reif für eine Partnerschaft.  Jetzt aber währt sie schon 25 Jahre, eine schöne, lebendige Beziehung. Der Friede war uns schon einmal näher, aber die Sehnsucht ist geblieben, und wir verbinden unser Gedenken an diesen Gräbern mit dem Vermächtnis der Opfer: dem  sehnlichsten Wunsch nach Frieden.

Dieter Schermeier